Textilfarbstoffe umweltfreundlich klären

erschienen in Forschung im Fokus, Sonderpublikation der TH Köln, 2014

Um Jeansstoff und andere Baumwolle, aber auch Seide und Wolle in nahezu allen vorstellbaren Tönen zu färben, setzt die Textilindustrie Hunderte verschiedener Azofarbstoffe ein. Diese wasserlöslichen Stoffe reagieren chemisch mit der Textilfaser und werden daher fest an sie gebunden. Sie bleichen selbst bei häufigem Waschen in der Maschine oder bei Sonneneinstrahlung kaum aus. Doch die bunte Welt der Mode hat ihre Schattenseiten.

Dazu zählt, dass beim Färben längst nicht der gesamte Azofarbstoff auf der Faser landet. Ein erheblicher Anteil reagiert in der färbenden Lösung mit Wasser. „Die resultierenden Farbabwässer werden bislang oft nur sehr stark verdünnt und anschließend via Kläranlage in Flüsse eingeleitet“, sagt Chemikerin Prof. Astrid Rehorek, geschäftsführende Direktorin von STEPS. Nun ist dank der Arbeit von STEPS-Wissenschaftlern ein kostengünstiges biologisches Verfahren verfügbar, um Farbwässer zu entfärben und die Farbstoffe zu ungefährlichen Substanzen abzubauen.

Kontrollierter Abbau der Farbstoffe

Die Azofarbstoffe selbst sind zwar eher harmlos für Mensch und Umwelt, können sich aber unter bestimmten Bedingungen, die Fachleute als reduzierend bezeichnen, zu Aminen umwandeln. Solche Bedingungen herrschen beispielsweise häufig im Flusssediment. Vor allem aromatische Vertreter der Amine gelten als umweltgefährdend, einige für den Menschen als krebserregend.

Das Verfahren der STEPS-Forscher basiert auf einer Idee: Der natürliche Abbauprozess durch Mikroorganismen, wie er unter reduzierenden Bedingungen abläuft, soll kontrolliert stattfinden – und nicht unkontrolliert im Flusssediment. Die entstehenden Amine lassen sich dann – anders als die ursprünglichen Azofarbstoffe – gut in üblichen Kläranlagen abbauen. Wesentlich für das Verfahren ist eine Membran, die einerseits Mikroorganismen sowie intakte Farbstoffmoleküle im Bioreaktor zurückhält, und andererseits Abbauprodukte in Richtung Klärstufe hindurchlässt.

Aus diesem Grunde hatte sich vor rund zehn Jahren die Industrie an STEPS-Vorstandsmitglied Gerd Braun gewandt, Professor für Thermische Verfahrenstechnik und Membrantrennprozesse. In der Folgezeit entwickelten die STEPS-Forscher unter anderem eine kompakte Gerätekombination, mit der sich permanent analysieren lässt, welche Stoffe beim Farbstoff-Abbau im Bioreaktor entstehen. „Mit Hilfe dieses Online-LC-MS-Systems haben meine Vorgänger jeweils für einen Farbstoff untersucht, unter welchen Bedingungen er sich im Reaktor besonders effizient zu Stoffen abbaut, die das folgende aerobe Klärverfahren leicht zu unkritischen Stoffen umwandeln kann“, sagt Benjamin Frindt. Der STEPS-Doktorand weiter: „Ich führe nun ähnliche Untersuchungen erstmals für ein Gemisch mehrerer Azofarbstoffe durch.“ Betreut wird Frindt von Astrid Rehorek. Sie ist stolz darauf, dass das Verfahren gerade aus dem Labor- und Technikum-Stadium herauswächst: Eine chinesische Textilfabrik setzt es in der Praxis seit kurzem ein. Dieser Erfolg sei nur aufgrund der guten interdisziplinären Zusammenarbeit der STEPS-Forscher möglich gewesen, betont STEPS-Vorstandsmitglied Prof. Michael Bongards. „Das Projekt zeigt zudem“, sagt Rehorek, „dass sich gute Wissenschaft und Anwendungsorientierung keinesfalls ausschließen.“

Zum ganzen Dossier Wasser-Energie-Umwelt der TH Köln

Dr. Frank Frick, Wissenschaftsjournalist

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